Friedrich-Weinbrenner-
Gesellschaft e.V.

Nicht aufgeklärt – eine (unfreiwillige) Werbung für das Markgräfliche Palais

29. September 2020

Eigentlich sollte man keine Interviews mehr geben, wenn abzusehen ist, dass man – trotz gegenteiliger Versicherung – nur benutzt und ausgespielt wird, was viel zu oft geschieht. Und eigentlich tut man diesem eigentlich nicht satisfaktionsfähigen Text zuviel Ehre an, der in vollständiger Form auf einer Jeder-darf-mal-Internetseite erschien, weshalb wir darauf Bezug nehmen, und heute gekürzt in den BNN.

Aber er enthält doch, wenn auch unfreiwillig, viele wirk- und unterhaltsame Argumente gegen diese Art von negativer «Argumentation» – und für ein Forum Recht im Markgräflichen Palais.

Eigentlich sollte man keine Interviews mehr geben, wenn abzusehen ist, dass man – trotz gegenteiliger Versicherung – nur benutzt und ausgespielt wird, was viel zu oft geschieht. Und eigentlich tut man diesem eigentlich nicht satisfaktionsfähigen Text zuviel Ehre an, der in vollständiger Form auf einer Jeder-darf-mal-Internetseite erschien, weshalb wir darauf hier antworten, und heute gekürzt in den BNN.

Aber er enthält doch, wenn auch unfreiwillig, viele wirk- und unterhaltsame Argumente gegen diese Art von negativer «Argumentation» – und für ein Forum Recht im Markgräflichen Palais.

Im Grunde ist die These simpel: Das Markgräfliche Palais hätte Säulen, Säulen seien Herrschaftssymbole, diese Herrschaftsinstrumente passten nicht in eine Demokratie. Dass Weinbrenner Säulen eben nicht als Symbole oder gar Instrumente von Herrschaft verwendet habe, wie unser Vorsitzender hier antwortet, möge nach Auskunft von einem aus Köln herbeizitierten Architekturtheoretiker zwar stimmen, den Menschen aber nicht vermittelbar sein.

1. Wenn das richtig wäre, dass Säulen automatisch Herrschaftssymbole wären, müsste man nicht danach fragen und einen Artikel darüber schreiben. Immerhin wird das von bestimmten Seiten schon seit Jahrzehnten behauptet. Warum also kapieren es die Menschen immer noch nicht? Weil es nicht so einfach ist, also nicht richtig. Deshalb gibt es auch schon seit Jahrzehnten Entgegnungen dieser simplen These. Hier werden Zusammenhänge konstruiert und verallgemeinert, die nur in bestimmten Fällen zutreffen, in Karlsruhe aber nicht.

2. Sätze wie dieser sind schon verräterisch: «Für den Präsidenten der Karlsruher Friedrich-Weinbrenner-Gesellschaft, Ulrich Schumann sind Weinbrenners Säulen keinesfalls Symbole politischer Macht.» Nein, der Satz müsste lauten: «Für Friedrich Weinbrenner sind Säulen keinesfalls Symbole politischer Macht.» Faktenwissen spielt hier keine Rolle, wird relativiert.

3. Wenn es aber nicht für Karlsruhe gilt, weil für Weinbrenner Säulen keine Herrschaftssymbole waren, darf man es nicht als positiven Faktor einbringen und den Menschen eine erfreuliche Botschaft aus der Geschichte vermitteln, mit der man sich in Karlsruhe positiv identifizieren könnte, weil jemand aus Köln findet, dass man es ihnen nicht vermitteln könnte und es andernorts anders ist?

4. Wenn man aber Menschen diese einfache Botschaft nicht vermitteln könnte, wie wollte man ihnen etwas so Komplexes wie Recht näherbringen?

5. Wenn die einfache Gleichung «Säulen = Herrschaftsinstrumente» tatsächlich aufginge, müsste man Säulen konsequenterweise verhüllen (oder Schlimmeres) oder wenigstens Warnhinweise anbringen: «Vorsicht, klassische Architektur, nichts für Demokraten!» Oder in diesem Fall ausführlicher: «Friedrich Weinbrenner machte seine Architektur zwar für eine moderne Gesellschaft und gerade für die einfachen Leute, und er interpretierte Säulen deshalb auch nicht als Herrschaftsinstrumente, sondern, wie die Friedrich-Weinbrenner-Gesellschaft bestätigt, in moderner Weise als Elemente der Konstruktion und der Schönheit für Alle im wirklich öffentlichen Raum, aber nach Auskunft eines Kölner Architekturtheoretikers ist dies nicht vermittelbar und sind Säulen eben doch Herrschaftsinstrumente, weshalb wir vor dem Genuß dieser verführerisch schönen Bauelemente leider warnen müssen.»

6. Wenn einmal gefasste Vor- und Fehlurteile der Vergangenheit weiter zementiert werden, diskreditiert das jede Forschung und jedes Engagement, diese zu widerlegen, solange sich irgendwo anders jemand mit Professorentitel finden lässt, der zwar keine Ahnung von dem Objekt und dem breiten und spannenden Thema darumherum hat, aber eine umso deutlichere Meinung und ausreichendes Halbwissen, um sich damit ins Gespräch zu bringen. Denn das reicht heute schon, ist eingängiger. Es gibt eben Experten und «Experten».

7. Es ist schon kurios, dass ein in der Schweiz lehrender Philosoph, der seine eigene (!) Symboltheorie entwickelt hat, den Vorsitzenden einer in Karlsruhe ansässigen, aber dort und weit darüberhinaus vernetzten Vereinigung belehrt, dass er mit diesen wissenschaftlichen, in hiesigen Interessengruppen, Archiven, Bibliotheken etc. verankerten und am Ort überprüfbaren und zudem in mehreren Publikationen verbreiteten Erkenntnissen «vermutlich zu einer sehr kleinen Gruppe» gehöre.

8. Der angeblich «spezialisierte Kunsthistoriker» Ulrich Maximilian Schumann, als der dieser hier fremddefiniert und in einen gedachten Elfenbeinturm hinein verschoben wird, lehrt unter anderem «Europäische Kultur» an der Straßburger Universität, den wohl breitesten denkbaren Rahmen in diesem Bereich, von zahlreichen weiteren Aktivitäten und Aufgaben in anderen Bereichen abgesehen, wie politischen, bürgerschaftlichen und wirtschaftlichen. Der hier ebenfalls zitierte Kölner Architekturtheoretiker ist übrigens auch ein Kunsthistoriker und sogar Ur- und Frühhistoriker, was beides nicht erwähnt wird. Hier spricht er für die Architektenschaft, und die will naturgemäß etwas Neues bauen statt Altes aktualisieren. Dies neben anderem zur beschworenen «Transparenz».

9. Das Wort «Expertenbefragung» ist ein Etikettenschwindel, denn abgesehen davon, dass nicht viele wirkliche Experten gefragt wurden, steht – auch mit der Wahl und Überzahl der Gesprächspartner – das Ergebnis offenbar schon fest. Das macht spätestens der suggestive und tendenziöse Schluss deutlich.

10. Das unmittelbarste Argument gegen den Artikel ist das hier vorgeschlagene Projekt, das sich als Vorbild kein Mensch ernsthaft in Karlsruhe vorstellen will, von den hier vollkommen ausgeblendeten und zahlreichen anderen Argumenten gegen eine Bebauung des Parks am BGh abgesehen.

Jetzt reicht es dann aber. Auch wenn man mit Genuß (aber eben auch Ärger und Zeitvergeudung) den Artikel weiter zerpflücken könnte. Dabei drängt sich dann doch die Frage auf, wann sich denn der Journalismus endlich einmal diesem Thema auf positive und angemessene Weise annimmt und warum sich die BNN dafür hergeben, ein solches dürftiges Machwerk abzudrucken. Allgemein vermisst man eine sachkundige und verantwortungsvolle Auseinandersetzung mit der Pflege unseres kulturellen Erbes. Es fällt zunehmend Interessen und Egos, aber auch Unkenntnis und Nichtwissenwollen zum Opfer. Es sollte uns alle beunruhigen, wenn Wissen keine Rolle mehr spielt und, wie in diesem Fall, alles zielstrebig daraufhin angelegt ist, wissenschaftliche Erkenntnisse und Personen zu diskreditieren. Es genügt nicht, von «Demokratie» zu theoretisieren und sie symbolisiert sehen zu wollen, man sollte sie zuerst praktizieren.

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