Friedrich-Weinbrenner-
Gesellschaft e.V.

Die echte Weinbrenner-Farbe: Kleinsteinbach

19. April 2021

Die Thomaskirche ist wohl der einzige Fall, in dem ein Gebäude Friedrich Weinbrenners in einer Farbe erlebbar ist, die seinen eigenen Vorstellungen und Äußerungen gerecht wird. So hatten wir es auch für das Rathaus und die Münze in Karlsruhe vorgeschlagen – und der Restaurator Michael Kleinert, dem wir Materialien wie Zitate und Zeichnungen Weinbrenners zugänglich machten, für die Evangelische Stadtkirche. In allen drei Fällen aber kam es aufgrund bürokratischer Kompetenzstreitigkeiten wieder einmal zu falschen Kompromissen, die selbst ohne Vorkenntnisse unpassend und deplatziert wirken.

Michael Kleinert hatte aber schon zuvor mit seiner Renovation eben dieser Thomaskirche in Kleinsteinbach bewiesen, dass er Weinbrenner kongenial verstanden hatte, nicht zuletzt mit dieser wunderbaren Farbgebung in einem nicht leicht zu benennenden Farbton, den man als ein sowohl durch Grau wie auch Ocker ganz subtil gebrochenes Weiß beschreiben könnte und der je nach Lichteinfall eine andere Ausstrahlung annimmt.

Das kann man sogar auf diesen neuen, nur wenige Minuten hintereinander aufgenommenen Fotos sehen. Damit kam Kleinert Weinbrenner sehr nahe, auch wenn dessen damalige Materialien und Techniken in unserer Zeit nicht leicht reproduzierbar sind. In der Regel entstanden die ursprünglichen Brechungen des Weiß ja aus den natürlichen Beimischungen in der Kalkgrube, aus der die Bestandteile für die Farbe entnommen wurden, und wurden die Sandsteinteile nur lasiert, um sie leicht anzugleichen. Kleinert behalf sich, indem er für diese Teile eine leicht andere Nuance wählte, womit sie sich in die große Form eingliederten. Denn das ist eine der epochalen Leistungen Weinbrenners, dass er als erster Architekt überhaupt die Form und den Raum eines Gebäudes in den Vordergrund stellte, und das sollte auch die Farbe zum Ausdruck bringen. Er war ja eben kein barocker Architekt mehr, als den ihn die falschen, meist irgendwie zweifarbigen oder bunten Restaurierungen hinstellen, sondern ein moderner!

Kurz bevor Michael Kleinert 2012 zu jung verstarb, sagte er im Gespräch, dass er bei der nächsten Restaurierung der Thomaskirche das Grün in Sockel und Gesims noch weiter zurücknehmen wolle. Aber auch so, wie er ist, liegt dieser Ton nach unserer Interpretation durchaus im Spektrum dessen, was Weinbrenner selbst für gut befunden hätte.