Friedrich-Weinbrenner-
Gesellschaft e.V.

Das KIT und Weinbrenner – neue Irritationen

23. Mai 2022

In der vergangenen Woche erhielt Barry Bergdoll die Ehrendoktorwürde der Architekturfakultät am KIT, ein angesehener Architekturhistoriker, Professor an der Columbia University in New York und Kurator für Architektur am Museum of Modern Art. Das hätte also eigentlich ein erfreulicher Anlass werden können.

Auf der Internetseite (siehe Link) wird die Auszeichnung damit begründet, dass «die Anfänge seiner Forschungs-, Publikations- und Ausstellungstätigkeit einen wichtigen thematischen Bezug zu Karlsruhe aufweisen», konkret zum Werk von Friedrich Weinbrenner und Heinrich Hübsch. Das ist zwar sehr lange her, aber stimmt. Nur stellt sich die Frage: Warum wird ein amerikanischer Architekturhistoriker von einer deutschen Architekturfakultät für etwas geehrt, was sie selbst nicht leistet, obwohl es ihr doch viel näher liegen und leichter fallen müsste? Was sie nicht einmal honoriert oder gar fördert, sondern konsequent verhindert? Seit Jahrzehnten schon haben die Lehrstuhlinhaber dieselben Themen ignoriert oder, wenn sich Jubiläen und ähnliches ergaben, klein gehalten und oft sogar öffentlich klein geredet. Das gilt sogar und im Besonderen für das Institut für Bau- und Architekturgeschichte. Bei den letzten Besetzungen des Lehrkörpers war man sich dann auch schon vor den Bewerbungen einig, dass man niemanden berufen würde, der sich mit eben dieser Tradition beschäftigt.

Kündigt die Ehrendoktorwürde nun einen Sinneswandel an? Dagegen spräche beispielsweise, dass die beiden Mitglieder desselben Institutes, die sich seit langem mit Weinbrenner und seiner Schule beschäftigen und auch Mitglieder in der Friedrich-Weinbrenner-Gesellschaft sind, über den Anlass weder informiert noch eingeladen wurden, also auch nicht teilnehmen konnten, und mit ihnen vermutlich noch andere Fachleute und Interessierte. Auf die ungläubige Nachfrage sei «da etwas schiefgelaufen», und man habe «fest mit der Friedrich-Weinbrenner-Gesellschaft gerechnet». Kann das ernst gemeint sein? War dieser doch eher seltene und prestigeträchtige Anlass wirklich so schlampig vorbereitet, oder steckt Absicht dahinter? In den letzten Jahren sind auch die Foren für Themen mit Bezug zu Karlsruhe und Baden abgeschafft und damit die Netzwerke von Interessierten zerschlagen worden.

Also wohl eher kein Sinneswandel, sondern eine Alibiveranstaltung, in der man sich mit fremden Federn schmücken kann. Mit der Ehrung einer Persönlichkeit von internationalem Renommé ehrt man sich ja auch selbst, reiht sich in dieselbe Liga ein, und das mit minimalem Aufwand. Die dringend notwendige Forschung kann das natürlich nicht ersetzen. Vieles von dem, was wir für das Verständnis unserer Lebensumgebung rings um Karlsruhe herum und von hier aus weit darüberhinaus bräuchten, bleibt weiterhin zu entdecken bzw. an denen hängen, die nicht eingeladen waren.